11. Dezember

Mach mal Sonntag © St. Bernward

Im Advent

Eilig macht sie die Kisten auf, die ihre Mutti vom Boden heruntergeholt hatte. "Ja, da sind sie! Die schönen bunten Kugeln, in denen man sich spiegeln kann." Sie nimmt vorsichtig eine heraus und dreht sie in ihrer Hand. Ihr Spiegelbild sieht lustig auf dem goldenen Glas aus. Wenn sie mit ihrer Nase näher heran geht, wird sie immer größer auf der Kugel. Sie freut sich und öffnet schnell die nächste Schachtel. "Hier ist das Lametta und die Lichterkette." In den letzten Tagen hatte sie zusammen mit ihrer Mutti auch Strohsterne gebastelt. "Die werden den Weihnachtsbaum noch großartiger aussehen lassen." Sie denkt ans letzte Jahr und daran wie aufgeregt und überwältigt sie war, als sie den hell erleuchteten Baum endlich sehen durfte. Das ganze Zimmer kam ihr so verwandelt vor. "Es war so festlich und hell und unheimlich schön!" Ihr wird ganz wohlig zumute und ein Lächeln erfüllt ihr Gesicht. "Dieses Jahr darf ich ihn mit schmücken!", freut sie sich riesig. Sie hatte ihren Vati so lange gebeten, bis er schließlich: "Ja.", sagte. "Oh ja, er wird noch schöner, als im letzten Jahr!" Doch gleichzeitig denkt sie, dass das eigentlich nicht möglich ist. "Er war letztes Jahr perfekt! Alles war perfekt!" Sie sind in die Kirche zum Gottesdienst gegangen, dann durften sie ins Wohnzimmer gehen. Dort stand der wunderbar geschmückte Baum und unter ihm lagen Geschenke.

Dieses Jahr wird es anders sein. Nicht nur, dass sie dieses Jahr den Baum mit schmücken darf. Mutti meinte, dass sie dieses Jahr nicht in die Kirche gehen können. Durch die Corona-Beschränkungen musste man sich telefonisch für den Gottesdienst anmelden, doch die Plätze waren schon alle vergeben. Sie wird traurig und überlegt: "Geschenke wird es aber hoffentlich geben, oder? Und Jesus? - Na klar!" freut sie sich. "Seine Geburt feiern wir natürlich trotzdem!" Sie weiß, dass er immer bei ihr ist. Sie redet oft mit ihm und er antwortet ihr. Nein, nicht mit Worten, aber in ihrem Herzen spürt sie ihn!

Da fällt ihr gleich wieder der Streit von vorhin mit ihrem Bruder ein. Sie hatten sich um einen Stift gestritten. Nun spürt sie wieder, wie Jesus mit ihr spricht. Sie weiß, dass sie diesen Stift nicht einfach hätte nehmen dürfen. Er war teuer und gehört ihrem Bruder.

"Ja, ich weiß!", flüstert sie, so dass es nur Jesus hören kann. "Ich gehe gleich zu ihm und entschuldige mich."

                                                                                                                                                                     (Kerstin Görtler)